Smart-City: EVH-Schornstein in der Dieselstraße wird Netzknotenpunkt

Schornstein Industrie
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Halle. SWH/EVH. Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Vor allem smart soll sie werden und vernetzt agieren. Doch was heißt smart? Was bedeutet es im Zusammenhang mit Digitalisierung von intelligent und vernetzt zu sprechen? Das sind Fragen, die immer konkreter werden. Auch für Halle. Die Stadtwerke Halle stoßen in diesen Tagen gerade die Tür in ein neues digitales Zeitalter auf: Mit der Installation eines so genannten LoRaWAN-Gateways (Long Range Wide Area Network) auf dem Kraftwerk-Schornstein im Energiepark Dieselstraße bekommt die Saalestadt ihr erstes maßgeschneidertes Datennetz für smarte Anwendungen. Ziel ist es, über das Funknetz die gesamte Stadt flächenmäßig abzudecken. In 140 Metern Höhe – der Schornstein ist mit 176 Metern das höchste Bauwerk in Halle –  ist dieser Netzknotenpunkt quasi das technische Herzstück im Rahmen des „Smart-City-Modellprojektes“, für das sich die Stadt Halle 2021 als eine von 73 deutschen Kommunen qualifiziert hat. Nun geht es straff in Richtung „Smart City“-Umsetzung – mit den Stadtwerken Halle als kompetenter Partner.

In einer Smart City ermöglicht eine Vielzahl von erhobenen und interpretierten Datenmaterial neuartige, intelligente Anwendungen zu entwickeln. Ob intelligente Parkplatzanzeige, füllstandabhängige Leerung von Müllcontainern oder die digitale Anzeige von Pegelständen in Echtzeit – alles Erdenkliche ist möglich, nichts ist bislang ausgereizt. Alle Smart-City-Anwendungen eint, dass sie die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner verbessern und bürgerschaftliche Teilhabe ermöglichen. Aber auch andere kommunale Aufgabenstellungen, wie etwa die bedarfsgerechte und effiziente Steuerung des öffentlichen Nahverkehrs fallen darunter.

Super-Anwendungsszenario für smarte Sensorik

Zur Gewinnung und Übertragung einer Vielzahl Messdaten soll dazu das Funknetz als LoRaWAN-Technologie die gesamte Stadt verbinden. Dafür wurde heute der Grundstein gelegt. Ein entsprechender Netzwerkknotenpunkt, auch Gateway genannt, wurde am höchsten Punkt der Saalestadt, dem Schornstein im EVH-Energiepark Dieselstraße angebracht. Die Wahl des Standortes für ein solches Gateway, der nur etwas größer als ein handelsüblicher WLAN-Routers ist, kommt nicht von ungefähr. „Die Höhe ist entscheidend. Ziel ist es, dass damit eine Grundabdeckung außerhalb von Gebäuden erreicht werden kann. Steht das Netz, wird es als Experimentierraum für smarte Sensorik genutzt. Für alle Beteiligten der Smart-City-Community ergibt sich ein Super-Anwendungsszenario“, sagt Martin Durek, Mitarbeiter Unternehmensentwicklung / Konzernprojekte der SWH.

LoRaWAN als Experimentierraum für smarte Sensorik

Wer kennt es nicht? Kein Funknetz, kein Empfang, kein Gespräch. Erst mit dem Aufkommen flächendeckender Mobilfunknetze hat sich eine bahnbrechende Entwicklung in Sachen mobiler Kommunikation vollzogen. Diesen Durchbruch erhoffen sich auch die Smart-City-Akteure. Längst geht es nicht mehr nur um die Vernetzung von Mensch zu Mensch, den flinken mobilen Internetzugang und um neue, energiehungrige Netze zur schnellen Übertragung großer Datenmengen. Neue Anwendungsfälle rufen nach neuen Technologien. Erforderlich dafür ist eine bedarfsgerechte Netz-Infrastruktur, die Besonderheiten aufweist.

Doch warum eignet sich gerade LoRaWAN eine geeignete Technologie für solche Anwendungen? „Die Datenübertragung erfolgt mit niedrigen Übertragungsraten, gleichzeitig wird mit LoRaWAN auch über weite Strecken ein guter Empfang erreicht“, so Martin Durek weiter. Bei dieser Technologie gehe es nicht um riesige Bandbreiten, sondern vielmehr um die Effizienz der Übertragung, um Flächendeckung und niedrige Kosten im Betrieb. Das erfüllt LoRaWAN. Der Erfolg von smarten Anwendungen ist von der Fülle auswertbaren Datenmaterials abhängig. Die wesentlichen Fragen lauten, wo und an welchen Punkten Daten erhoben werden, wie diese übertragen und für Anwendungen verfügbar gemacht werden. Der Vorteil: Dank LoRaWAN können stetig und völlig unkompliziert weitere Anwendungsfälle kabellos eingebunden werden. Die nachträgliche Installation neuer Sensorik, etwa auch an abgelegenen Orten, ist (beinahe) wartungsfrei realisierbar. Auch, weil ein Batteriewechsel u.a. durch den geringen Energieverbrauch erst nach Jahren notwendig ist.

Erste Anwendungen werden in der Testphase erprobt

Die stetig steigende Anzahl an Sensoren und Aktoren ermöglichen immer neue Anwendungsszenarien. Was entsteht sei ein Experimentierfeld, um neuartige intelligente Anwendungen zu entwickeln, so Durek. Erste messbare Parameter wie Verkehrszählung, Bodenfeuchte (als Unterstützung bei der Planung der Bewässerung von Stadtbäumen), Meteorologiedaten (etwa zur Glatteiserkennung) oder Füllstandanzeigen von Containern (optimierte Tourenplanung) oder auch indoor-Sensorik zur smarten Steuerung von (Tagungs-) räumen werden in der jetzt beginnenden Testphase eine wichtige Rolle spielen.

“Smart-City-Dashboard” ist der Hafen für alle Daten

Ziel ist es im Rahmen des Smart-City-Prozesses diese Daten darzustellen und öffentlich verfügbar zu machen. Auch, um diese später zu analysieren und in Anwendungen zu überführen. Die Daten laufen dabei in einem „Datenhafen“ zusammen, dem so genannten Dashboard. Hier findet zugleich die Visualisierung statt. Neben dem Smart-City-Dashboard (für interne, gesicherte Anwendungen) kann die Darstellung dieses Dashboards zum Beispiel über eine Landingpage erfolgen, die für die breite Öffentlichkeit zugängig ist. Dieses Open-Data-Portal ist dann Kernbestandteil zur Förderung von offenen Daten und somit Schnittstelle für alle lokalen Akteure, die digitale Geschäftsmodelle entwickeln wollen.